Wie Ihnen Wahrnehmungsprozesse einfache Tipps für zielführende Kommunikation geben

Der Markt ist voller kluger Tipps, wie sich Kommunikation am besten gestalten lässt. Gefühlt die Hälfte der Kommunikationsagenturen hat sogar eigene Modelle entwickelt, um so scheinbar das „Geheimrezept“ für Kommunikationserfolg vorzuweisen. Meistens handelt es sich dabei aber um einem schlichten Verkaufstrick für das eigene Agenturmodell.

Ein erstes dieser Modelle ist das AIDA-Prinzip. 1898 entwickelt, hat es seinen Erfinder reich gemacht, besitzt aber nachweislich immer noch gewissen Erfolgswert. Sie sollten jedoch nicht den Fehler machen, AIDA als goldene Regel für den Kommunikationserfolg zu sehen. Das Prinzip ist ein probater Weg – einer unter vielen.

Wenn Sie sich jedoch die Erkenntnisse in der Neurowissenschaft und Psychologie anschauen, werden schnell Erfolgsfaktoren absehbar, die jedes Modell abdecken sollte.

Von der Wahrnehmungsforschung lernen

Kommunikation ist ein komplexer Prozess. Wir haben nicht nur das einfache Sender-Empfänger-Modell, sondern auch noch das gemeinsame Medium (z. B. die deutsche Sprache) als auch einen gemeinsamen Code-Vorrat, aus dem wir auswählen (sich mit jemanden über volles Ornat und Eucharistie zu unterhalten, setzt voraus, dass dem Gegenüber diese Vokabeln in genau der Bedeutung vertraut sind, in der wir sie verwenden wollen).

Dieser Aufwand alleine ist schon komplex genug – und bedarf somit schon einer gewissen Denkleistung. Diese jedoch beansprucht Energie, die unser Körper stetig optimiert einsetzen will. Deswegen schaltet er weitere drei Wahrnehmungsprozesse dazwischen, anhand derer er Kommunikation analysiert:

Pro Sekunde nehmen wir 11 Millionen Sinneseindrücke auf – und verarbeiten ganze 60 davon in der Großhirnrinde. Anders ausgedrückt: Wahrnehmung ist ein Prozess der gezielten Nicht-Wahrnehmung.
Um unter die 60 Sinneseindrücke „vorgelassen“ zu werden, muss unsere Information zuerst also den Auswahl-Prozess überstehen. Danach muss die Information verstanden werden: handelt es sich bspw. um chinesische oder lateinische Buchstaben? Und wenn es deutsche Buchstaben sind, sind diese dann wichtig für mich (ist es bspw. ein STOP-Schild oder eine Werbung für ein Nagelstudio?)? Dies ist der Prozeß der Bewertung – den wir übrigens auch nicht beenden, sobald wir uns einmal auf etwas konzentrieren (z. B. einen Text lesen oder uns im Gespräch befinden).

Auswahl, Interpretation und Relevanz spielen permanent für oder gegen uns – weisen uns zugleich aber auch den Weg, wie wir so kommunizieren können, dass wir wahrgenommen werden. Zielführende Kommunikation also.

So nutzen Sie die Wahrnehmungs-Prozesse zu Ihren Gunsten

Kommunikation, die wirkt, sollte also zwei Dinge aufweisen können:

Denn unsere Wahrnehmung trifft ständig Mini-Entscheidungen. Und diese basieren auf dem Vergleich von Mustern, nicht auf Analyse. Selbst die blinkende, schreiend rote Werbeanzeige blenden wir irgendwann aus. Gleichzeitig legen wir ein Muster an für relevante Informationen. Einen Brief bspw. mit einem hoheitlichen Zeichen auf der Hülle (z. B. vom Finanzamt) werden Sie dringlicher wahrnehmen als die Postwurfsendung eines Telefonanbieters, die Sie vielleicht schon vergessen haben, bevor Sie Ihre Wohnungstür erreichen.

Mit leichter Verständlichkeit und dem Aufzeigen von Relevanz schaffen Sie ein ebensolches Muster in den Köpfen. Und kommunizieren zielführender. Was bedeutet das für die Kirche und wie können wir das konkret nutzen, um die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit zielführend zu gestalten?

1. Verstehen hat Vorrang

Bei jedem Text, bei jeder Broschüre oder Flyer, bei jedem Artikel im Gemeinde- oder Pfarrbrief sollte auf den sprichwörtlichen ersten Blick ersichtlich sein, worum es sich handelt. Selbst der flüchtige Betrachter sollte alle relevanten Informationen schnell finden können. Dafür bedarf es einer guten Gliederung, klarer Struktur und eventuell einiger Hervorhebungen. Auch leicht verständliche Texte und Überschriften helfen.

Zudem können Sie noch eine Abkürzung nehmen: wählen Sie eindrückliche Bilder.
Machen Sie den Test: Einen Smiley 🙂 verstehen Sie deutlich schneller als das Wort „Lächeln“.

Genau so kommuniziert ein Bild bereits eine erste Aussage, und das bevor der erste Buchstabe gelesen wurde. Erwiesenermaßen betrachten wir Bilder/grafische Elemente nämlich vor allen anderen Informationen. Besonders Gesichter und Signalfarben. Zu einer einfachen Verständlichkeit gehört also auch ein schnell wahrnehmbares Bild – das aber auch nicht zu überfrachtet sein darf, sonst findet das Auge keinen Inhalt mehr und Sie verstecken den Wald hinter Bäumen.

Als Kirchengemeinde sollten Sie zudem einen hohen grafischen Wiedererkennungswert anstreben – ein sogenanntes Corporate Design. Dies nimmt der Wahrnehmung viel Arbeit ab und legt ein eigenes Muster an. Übersichtlich gestaltete, ansprechende Drucksachen sowie optisch identische Homepages prägen Ihre Zielgruppe vor und arbeiten irgendwann automatisch für Sie. Wenn Sie folgendes beachten…

2. Stellen Sie eine Belohnung in Aussicht – direkt oder indirekt

Der einfachste Weg Relevanz zu vermitteln, ist es, positive Auswirkungen/Aspekte darzustellen. Also eine direkte Belohnung. Denn die intuitive Bewertung von Informationen ist gnadenlos auf einen Faktor getrimmt: bringt es mir einen Vorteil?

Testen Sie es bei sich selbst: Wann hat zuletzt ein (Sonder-)Angebot Ihre Aufmerksamkeit erhalten? Sie können vielleicht nicht einmal mehr das Produkt richtig benennen (war es Odol Med 3 oder doch Colgate?) – der Rabatt oder die angepriesene „gesteigerte Wirkung“ jedoch bleibt haften.

Nun „verkaufen“ Kirchengemeinden nichts. Sicher? Ergebnisse der protestantischen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung legen nahe, dass ein wesentlicher Antrieb für viele aktive Mitglieder folgender ist: Geselligkeit.

Wenn Sie also wieder einmal SängerInnen für Ihren Gemeindechor oder Singkreis gewinnen möchten, machen Sie doch den Test und deuten mehr oder weniger direkt den Vorteil an: in guter Gesellschaft musikalisch Spaß haben. Sie werden mehr Feedback erhalten, als wenn Sie auf das Liedgut verweisen oder das Auftrittsziel in den Vordergrund stellen. Und genauso können Sie eine Vorteilsargumentation für den Bibelkreis finden, für den Kommunions-, Firm- oder Konfirmandenunterricht etc..

Steter Tropfen höhlt den Stein

Wenn Sie beide Punkte beachten und in der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit konstant verwenden, dürften Sie schon bald erste Erfolge feiern. Zielführende Kommunikation steigert nämlich nicht nur die Reichweite von Informationen, sondern auch deren Wirkungsgrad. Dafür sollten Sie vor allem konstant arbeiten – denn wie wir oben gesehen haben, versucht unser Gehirn Analysen zu vermeiden und Muster anzulegen. Nutzen Sie dies und helfen Sie ein für Sie positives Muster anzulegen.

Wenn die Informationen Ihrer kirchlichen Öffentlichkeit als verständlich und relevant gemerkt werden, werden sie auch bevorzugt wahrgenommen. Und gerade das täte der Kirche auch einmal gut, oder?

 


Bildnachweis: Background image created by Creativeart – Freepik.com

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