Sauerteig, welcher unter Mehl gemengt wird; Salz, welches zu Speisen gegeben wird. Das Neue Testament enthält einige Metaphern des Durchdringens. Weder der Sauerteig noch das Salz der Welt bleiben für sich bestehen – bei Kontakt verteilen sie sich, werden eins mit dem Grundstoff. Der ganze Teig wird durchsäuert, die komplette Speise gewürzt.
Vor diesem Hintergrund würde es seltsam wirken, Bereiche des alltäglichen Lebens von kirchlichem Handeln zu separieren. Doch inwiefern spielt die Digitalisierung, die sonst in aller Munde ist, auch in den Überlegungen von Gemeinden eine Rolle? Wie viele Pastoral-Konzepte denken den „digitalen Begegnungsraum“ mit?
Die neuste Online-Studie von ARD und ZDF zeigt: Drei Stunden pro Tag verbringen Menschen in der digitalen Welt. Junge Menschen sogar noch deutlich mehr. Die digitale Welt ist keine Halb-Welt oder eine individuelle Weltflucht, sondern eine weitere Dimension unseres Alltags geworden. Auch für uns als Gemeinden? Falls Sie diese Frage wie ich mit „Großteils nein“ beantworten, führt dies direkt zu einer zweiten: Warum geben wir uns diese Blöße? Und warum verzichten wir auf dieses Potential für Verkündigung, Seelsorge und Mission?
Hier sehe ich drei Themenfelder mit Handlungsbedarf.
- Digitale Kommunikation
Schon lange sorgen Online-Medien für ein „Printsterben“, und auch der persönliche Brief ist der E‑Mail, Sprachnachricht, WhatsApp oder dem Social-Media-Kommentar gewichen. Die drei verbreitetsten Kommunikationskanäle in Deutschland sind (in absteigender Reihenfolge):
- Homepages
- E‑Mail
Wie ist Ihre Gemeinde in diesen Bereichen aufgestellt? „Funken“ Sie auf jedem Kanal?
Gerade Newsletter sind viel zu selten genutzte Kommunikationsformen von Kirchengemeinden. Denn E‑Mail-Marketing ist immer noch die bis dato nachweislich erfolgreichste Werbeform – und mit der entsprechenden Zustimmung sogar DSGVO-konform. Auch in den verschärften Formen des Kirchenrechts.
- Digitale Zugänglichkeit
Die Neunziger und mit ihnen die Willow-Creek-Bewegung haben den Gedanken der niederschwelligen Gestaltung von Gemeinden auch in unsere Breitengerade transportiert. Viele Wege mögen zwar nach Rom führen – aber leitet die Suchmaschine einen lokalen Suchenden auf die Seite einer Ortsgemeinde? (Falls nein – hier finden Sie einfache Optimierungs-Tipps: kirchen-kommunikation.de/gemeinde-seo/) Und falls ja, findet er dort überhaupt schnell etwas, was ihn interessieren könnte? Wird dort vor allem Internes nach außen gekehrt – oder der fremden Perspektive begegnet?
Anders herum ausgedrückt: Suchmaschinen-Optimierung (SEO) und eine Fremden-freundliche Homepage sind auch eine Form der Mission! Ganzheitliche Kommunikation des Glaubens bedingt, dass dies auch zugänglich geschehen sollte. Sonst kommt es erst gar nicht zu einem Kommunikationsgeschehen. Als würde man ein Licht unter den Scheffel stellen …
Auch an dieser Stelle muss man die DSGVO anführen, welche in den verschärften Ausführungen der Kirchen noch einmal zusätzliche Hürden bedeuten – zumindest scheinbar. Viel zu vorschnell und pedantisch verneinen die Kirchen sowie einige Pfarrer und Pastoren – aus meiner Sicht leichtfertig – die seelsorgerlichen Zugangsmöglichkeiten über das in der Gesellschaft verbreitetste digitale Kommunikationsmedium: WhatsApp. Das wäre so, als würde Aldi aus hygienischen Gründen die Zahlung mit Bargeld ablehnen. Wir müssen ja nicht aktiv Senden auf zweifelhaften Kanälen – aber wir sollten zumindest empfangsbereit sein! Oder um es mit Petrus zu sagen: Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist. (1.Petr. 3,15) Auch hier wird das Ganze gesehen – nicht die Beschränkung.
Wie lässt sich dies im konkreten Fall (WhatsApp) umsetzen? Ein Diensthandy, auf welchem keine Kontakte gespeichert sind, ist zum Beispiel eine pragmatische Lösung. Oder einer der neuen WhatsApp-Kanäle für Geschäftskunden.
- Digitale Organisation
Seit 2010 reiche ich meine Steuererklärung digital ein. Da ich auch erst seit diesem Zeitpunkt berufstätig bin, habe ich also noch nie eine Erklärung in Papierform ausgefüllt. Auch wenn die Behörden in Deutschland nicht schnell sind, so sind ihre digitalen Möglichkeiten ausgeprägter als die vieler Kirchengemeinden. Anfragen, Formulare, Termine – all dies kann man als Bürger online erledigen oder einsehen.
Geht dies auch bei Ihrer Kirchengemeinde mit einer Raumanfrage? Oder der Terminfindung für eine Besprechung? Eine mir vertraute Kirchengemeinde wollte kürzlich ermitteln, wie viele Stunden ihre Räume genutzt werden – und kam aufgrund der lückenhaften Datenlage nur zu einem wenig zufriedenstellenden Zwischenergebnis. Zu dezentrales verteiltes Wissen in zu unterschiedlichen Formen. Um dies zu beseitigen, drängten in den letzten Jahren digitale Lösungen wie ChurchDesk oder ChurchTools auf den Markt und ergänzen Programme, welche keinen genuin kirchlichen Hintergrund besitzen. Ihnen allen bleibt aber gemein: Mit ein wenig Kosten- und Zeitaufwand lässt sich auch hier einige Arbeit sparen und Transparenz herstellen. Damit Kirchen Salz und Licht sein können – auch in der digitalen Sphäre.
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Dieser Beitrag erschien auch im Magazin Gemeinde.Praktisch, welches hier eingesehen werden kann