[Letzte Aktualisierung: 24.06.2025 – Kirchliche Links und Texte hinzugefügt]
„Barrierefreiheit wird nun Pflicht“ – so hört man es zumindest an allen Ecken und Enden.
Aber stimmt das wirklich?
Und wenn ja, betrifft diese Pflicht auch Gemeinden?
Hier schon mal vorweg: ein klares Jein.
Aber auch wenn Barrierefreiheit nicht bindend gültig sein sollte für Kirchengemeinden, so gibt es trotzdem gute Gründe, für breite Zugänglichkeit zu sorgen.
Sie möchten Ihre Gemeinde-Website barrierefrei machen? In diesem ausführlichen Guide erläutern wir, was Sie beachten müssen, wie Sie vorgehen sollten und was notwendig ist.
Zusammenfassung: Das Wesentliche auf einen Blick
Zum 28. Juni 2025 gilt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Es verpflichtet Unternehmen, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten – darunter z. B. E-Books, Bankdienste oder Onlineshops. Ziel ist die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/882 („European Accessibility Act“).
Aber betrifft das auch kirchliche Einrichtungen?
Hier liegt der Haken – und das vielzitierte „Jein“:
Kirchengemeinden sind in der Regel nicht unmittelbar vom Gesetz betroffen, da sie nicht zu den verpflichteten Wirtschaftsakteuren zählen. Das gilt insbesondere, wenn keine entgeltlichen digitalen Dienstleistungen angeboten werden.
Allerdings gilt in mehreren Bundesländern bereits eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit für öffentliche Stellen – etwa für kommunale oder staatlich geförderte Einrichtungen. Und auch kirchliche Träger sind teilweise in Förderstrukturen eingebunden, die Zugänglichkeit vorschreiben oder empfehlen.
Betroffen sein können auch Einrichtungen, die zu Kirchengemeinden gehören, z.B. Kitas oder Pflegeheime.
Außerdem setzen viele Landeskirchen und Bistümer eigene digitale Leitlinien oder barrierefreie Designsysteme um. Das bedeutet: Selbst wenn keine rechtliche Verpflichtung besteht, kann es institutionelle Vorgaben geben.
Rechtlich gilt also:
- Wer rein informierende Websites ohne Verkaufs- oder Antragsfunktionen betreibt, ist Stand 2025 meist nicht direkt verpflichtet.
- Wer digitale Angebote mit kommerziellen Elementen (z. B. Ticketverkauf, Spendenformulare) betreibt, kann betroffen sein – je nach Ausgestaltung.
- Förderprogramme oder kirchliche Vorgaben können indirekte Anforderungen mit sich bringen.
Unser Rat:
Auch ohne gesetzliche Pflicht lohnt sich die Umsetzung. Denn was für alle zugänglich ist, dient auch der Glaubwürdigkeit, Offenheit und Zukunftsfähigkeit einer Gemeinde.
Checkliste für den Start
- Haben alle Bilder auf der Gemeinde Homepage Alt-Texte?
- Sind die Kontraste ausreichend? (Tool zum Checken weiter unten)
- Ist die Navigation klar und einfach?
- Können alle Inhalte mit der Tastatur bedient werden?
- Sind ein oder mehrere zentrale Texte in einfacher Sprache verfasst?
- Gibt es Transkripte für Audio/Video?
1. Rechtliche Rahmenbedingungen
In kurz: Bin ich als Gemeinde überhaupt betroffen?
Barrierefreiheit ist aktuell vor allem für Unternehmen mit digitalen Angeboten sowie öffentliche Stellen gesetzlich vorgeschrieben – durch die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) sowie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das ab Ende Juni 2025 greift.
Wie ist das bei Kirchen und Gemeinden?
Kirchliche Einrichtungen fallen (noch) nicht pauschal unter die gesetzlichen Regelungen – denn sie gelten meist nicht als „öffentliche Stelle“. Trotzdem gilt:
- In Trägerschaft von Diakonie, Caritas oder anderen anerkannten Trägern kann die Website indirekt unter die Regelung fallen.
- Wenn Fördermittel aus öffentlichen Quellen genutzt wurden, kann Barrierefreiheit zur Auflage werden.
- Auch ohne rechtliche Verpflichtung: Immer mehr Stiftungen, Verbände und öffentliche Stellen erwarten barrierefreie Kommunikation.
Gemeinden, die auf folgende Technik setzen, könnten jedoch im Rahmen des BFSG betroffen sein:
- Spendentools,
- Buchungstools,
- Reservierungstools,
- Registrierungs-Tools für Veranstaltungen,
- Shop-Bereiche,
- Job-Portale.
Heißt das für alle anderen: zurücklehnen?
Nein. Denn die gesetzliche Grauzone ist kein Freifahrtschein. Barrierefreiheit ist nicht nur eine juristische, sondern vor allem eine ethische Frage. Noch einmal mehr für Gemeinden!
Wer Menschen erreichen will, sollte niemanden ausschließen.
Die Rechtslage im Hinblick auf Gemeinden
Auch wenn keine direkte gesetzliche Zwangsverpflichtung für Kirchengemeinden besteht, ist die Orientierung an den gesetzlichen Standards wie der BITV 2.0 aus ethischen und praktischen Gründen sehr zu empfehlen. Und das nicht nur aus Gutmenschentum!
Wichtig ist an dieser Stelle zu betonen: Es geht nicht um die Pflicht, sondern um die Haltung und den Nutzen!
Hier eine Übersicht der betreffenden Regularien, welche das Thema Barrierefreiheit im Netz betreffen könnten:
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Das BGG zielt primär auf die öffentliche Verwaltung des Bundes ab. Es schreibt vor, dass IT-Anwendungen und Webseiten des Bundes barrierefrei sein müssen.
Die Besonderheit für Kirchengemeinden:
Kirchengemeinden sind in der Regel keine unmittelbaren Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des BGG. Das bedeutet, das BGG findet auf sie nicht direkt Anwendung, es sei denn, sie erfüllen spezifische hoheitliche Aufgaben im Auftrag des Staates (was bei einer normalen Kirchengemeindehomepage selten der Fall ist).
Dennoch relevant:
Auch wenn keine direkte gesetzliche Verpflichtung besteht, ist das BGG ein wichtiger Indikator für den gesellschaftlichen Anspruch an Barrierefreiheit. Es zeigt, dass Barrierefreiheit als wichtiges Ziel angesehen wird und als „Best Practice“ gilt.
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)
Diese Verordnung konkretisiert die Anforderungen des BGG für die digitale Barrierefreiheit. Sie basiert auf den internationalen WCAG (Web Content Accessibility Guidelines).
Das Wichtigste im Überblick:
- Gilt für öffentliche Stellen des Bundes und indirekt auch für Länder und Kommunen.
- Regelt, dass Websites und mobile Anwendungen barrierefrei gestaltet sein müssen.
- Maßgeblich sind die WCAG 2.1-Richtlinien auf Level AA.
- Eine Erklärung zur Barrierefreiheit und ein Feedback-Mechanismus sind Pflicht.
- Gilt nicht automatisch für Kirchen – aber oft für deren Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft (z. B. Kitas, Pflegeheime).
Aber:
Die BITV 2.0 und die WCAG sind der De-facto-Standard für barrierefreie Webseiten in Deutschland und international. Wer eine barrierefreie Homepage gestalten möchte, orientiert sich an diesen Richtlinien. Sie sind die technische Blaupause, selbst wenn keine rechtliche Verpflichtung besteht.
Landesgesetze zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
Auf Landesebene kann es ebenfalls Gesetze geben, die sich auf Barrierefreiheit beziehen. Auch hier gilt meist, dass Kirchengemeinden nicht direkt betroffen sind, aber der Geist der Gesetze und die gesellschaftliche Erwartungshaltung relevant sind.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
Tritt ab 28. Juni 2025 in Kraft.
Gilt für private Wirtschaftsakteure, wenn sie digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten (z. B. Online-Shops, Selbstbedienungsterminals, Fahrkartenautomaten).
Websites sind betroffen, wenn sie Teil einer entgeltlichen Leistung sind.
Nicht direkt auf kirchliche Websites anwendbar, sofern dort keine kommerziellen Leistungen angeboten werden.
2. Warum barrierefreie Websites trotzdem für Gemeinden sinnvoll sind
„Alle sind willkommen“ – dieser Floskel findet sich oft in Gemeindebriefen, auf Flyern oder der Startseite. Doch wie ernst ist er gemeint, wenn bestimmte Menschen die Angebote nicht erreichen können?
Barrierefreiheit ist keine technische Spielerei – sie ist gelebte Nächstenliebe. Wer Webseiten so gestaltet, dass möglichst viele Menschen sie nutzen können, schafft echte Teilhabe – unabhängig von Behinderung, Alter oder technischer Ausstattung.
Gerade Kirchengemenden müssen sich fragen lassen, wie ernsthaft sie das Thema verfolgen. Denn an sie wird nicht nur ein höherer moralischer Standard angelegt – ihre Botschaft ist per se nicht exklusiv. Denn ich wüsste nicht, dass der Missionsbefehl Menschen ausschließt, welche das Internet nicht „wie alle anderen“ benutzen können…
Hier deshalb zwei kurze Begründungen für die Diskussion im Presbyterium oder Pfarrgemeinderat:
Theologisch
Homepages sind in der Regel die erste Anlaufstelle für Menschen, die nach Informationen über unsere Gemeinden suchen, sich nach Gottesdienstzeiten oder Kontaktmöglichkeiten erkundigen und und und…
Wenn wir schon aufgerufen sind, „aller Kreatur“ das Evangelium zu verkünden (Mk 16,15), wie könnten wir dann sehenden Auges Barrieren stehen lassen?
Auch das „in alle Welt“ tragen bedeutet das auch, dass diese Botschaft und die Gemeinschaft, die sie lebt, für alle Menschen erreichbar sein muss – ohne physische, sprachliche oder digitale Hürden.
Eine schöne Metapher ist hier vielleicht Denken die Geschichte von der Heilung des Gelähmten (Mk 2,1-12). Vier Freunde erkennen, dass ihr gelähmter Freund nicht zu Jesus gelangen kann, weil die Tür versperrt ist. Was tun sie? Sie geben nicht auf. Sie suchen einen anderen Weg. Sie steigen aufs Dach, decken es ab und lassen ihren Freund direkt vor Jesu hinab. Dieser lobt den Glauben der Freunde und wird tätig.
Für unsere Kirchengemeinden heute bedeutet das: Wenn unsere Homepage – oft die erste Anlaufstelle für Suchende und Gemeindemitglieder – für Menschen mit Sehbehinderung, motorischen Einschränkungen oder Leseschwäche nicht zugänglich ist, dann haben wir eine „Tür“ verschlossen. Eine barrierefreie Gemeindehomepage ist daher keine optionale technische Aufgabe, sondern eine logische Konsequenz des Missionsbefehls und unseres diakonischen Auftrags.
Es ist unser moralischer Auftrag, wie die vier Freunde des Gelähmten, das „Dach zu öffnen“ – die digitalen Barrieren zu beseitigen – damit jeder Mensch die Möglichkeit hat, die Frohe Botschaft wahrzunehmen, an der Gemeinschaft teilzuhaben und sich willkommen zu fühlen. Barrierefreiheit ist somit ein Ausdruck der tiefsten christlichen Überzeugung: Jeder Mensch ist wertvoll und soll Zugang zum Evangelium haben.
Strategisch
Aber es gibt nicht nur moralisch-theologische Gründe dafür, eine Gemeinde-Homepage barrierefrei zu machen.
Denn eine barrierefreie Homepage zahlt auch mehrfach positiv auf die Wahrnehmung der Kirchengemeinde und ihre Konzeption ein.
Denn gerade älterwerdende Gemeindemitglieder profitieren besonders von barrierefreien Webseiten!
Auch zugezogene Menschen aus einem anderen Sprachraum profitieren von leichter entnehmbaren Informationen – und auch andere Menschen, die einem vielleicht nicht auf den ersten Blick als klassische Zielgruppen barrierefreier Websites einfallen:
- Menschen mit Leseschwierigkeiten
- (junge) Menschen bei ihren ersten Schritten im Internet
- Menschen mit kurzfristigen Einschränkungen (z.B. nach einem Unfall oder einer Augen-OP)
- Menschen, die z.B. am Ende einer anstrengenden Nachtschicht schnell noch den aktuellen Predigtort für den heutigen Gottesdienst herausfinden wollen
- und und und
Barrierefreie Websiten wirken zudem professioneller – und erhöhen die Nutzerfreundlichkeit für alle.
Barrierefreie Seiten sind strukturierter, klarer und verständlicher. Das hilft nicht nur Menschen mit Einschränkungen, sondern auch allen anderen. Wer schon mal in der Bahn mit schlechtem Empfang auf einer unübersichtlichen Seite gesurft ist, weiß: Klarheit nützt jedem.
Barrierefreiheit ist ein Qualitätsmerkmal. Eine gut strukturierte, technisch saubere und verständliche Website zeigt: Diese Gemeinde nimmt Kommunikation ernst. Das stärkt Vertrauen – bei Mitgliedern, Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit.
Mit anderen Worten: Wer seine Gemeinde-Website barrierefrei gestaltet, macht sie für alle besser.
3. Was heißt eigentlich barrierefrei?
Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Angebote so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen genutzt werden können – unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen. Im Kontext von Websites heißt das: Inhalte, Navigation und Funktionen müssen zugänglich, verständlich und bedienbar sein – für alle.
Dabei geht es nicht nur um Menschen mit Behinderung im engeren Sinn. Auch ältere Personen, Menschen mit temporären Einschränkungen (z. B. nach einem Unfall) oder mit geringerer technischer Erfahrung profitieren unmittelbar. Barrierefreiheit ist also kein Spezialthema – sondern einfach gute Gestaltung.
Die internationale Grundlage bilden die sogenannten WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines). Sie strukturieren die Anforderungen entlang von vier Prinzipien:
- Wahrnehmbar: Inhalte müssen für alle Sinne erfassbar sein. Dazu gehören z. B. ausreichend Kontraste zwischen den verwendeten Farben, Alt-Texte für Bilder oder Untertitel bei Videos.
- Bedienbar: Die Website muss auch ohne Maus (z. B. per Tastatur oder Screenreader) vollständig nutzbar sein.
- Verständlich: Sprache, Struktur und Funktionen müssen nachvollziehbar sein. Dazu gehört auch die konsistente Navigation.
- Robust: Die Website muss mit verschiedenen Endgeräten, Browsern und Assistenztechnologien kompatibel sein.
Diese Prinzipien sind kein edler Wunschzettel – sie lassen sich konkret umsetzen. Und: Barrierefreiheit verbessert in der Regel nicht nur die Nutzbarkeit, sondern auch die Ladezeit, mobile Darstellung und SEO-Leistung.
Exkurs: Die Anforderungen der WCAG
Wer ist die WCAG?
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind international anerkannte Richtlinien für die Barrierefreiheit von Webinhalten, herausgegeben vom World Wide Web Consortium (W3C). Sie dienen als De-facto-Standard, an dem sich weltweit viele Gesetze und Empfehlungen orientieren. Die aktuellste Version ist WCAG 2.2 (Stand Juni 2025).
Prinzipien & Ziele
Die WCAG basieren auf vier übergeordneten Prinzipien, die oft mit dem Akronym „POUR“ zusammengefasst werden:
Ziel: Die Inhalte müssen so stabil und kompatibel sein, dass sie auch mit zukünftigen Technologien und Assistenzsystemen funktionieren.
Wahrnehmbar (Perceivable):
Informationen und Bestandteile der Benutzerschnittstelle müssen den Benutzern so präsentiert werden, dassdiese sie wahrnehmen können.
Beispiele: Bereitstellung von Textalternativen für Nicht-Text-Inhalte (z.B. Alt-Texte für Bilder), Untertitel und Transkripte für Audio- und Videoinhalte, ausreichende Farbkontraste, Möglichkeit zur Anpassung von Textgröße und Layout.
Ziel: Inhalte sollen nicht nur visuell, sondern auch über andere Sinne (z.B. Hören, Tasten über Braille-Zeile) zugänglich sein.
Bedienbar (Operable):
Bestandteile der Benutzerschnittstelle und Navigation müssen bedienbar sein.
Beispiele: Vollständige Tastaturbedienbarkeit (alle Funktionen ohne Maus nutzbar), genügend Zeit für Benutzer, um Inhalte zu lesen oder Aufgaben zu erledigen, Vermeidung von Inhalten, die Anfälle auslösen könnten (z.B. schnell blinkende Inhalte), klare und konsistente Navigation.
Ziel: Die Benutzeroberfläche und die Navigation müssen für alle Benutzergruppen einfach zu bedienen sein, unabhängig von der verwendeten Eingabemethode.
Verständlich (Understandable):
Informationen und die Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein.
Beispiele: Lesbare und verständliche Texte (ggf. Leichte Sprache), konsistente Navigation und Benutzeroberflächenelemente, Hilfestellung bei der Eingabe von Informationen (z.B. klare Fehlermeldungen bei Formularen), vorhersehbares Verhalten der Website.
Ziel: Benutzer sollen den Inhalt und die Funktionsweise der Website leicht erfassen und verstehen können.
Robust (Robust):
Inhalte müssen robust genug sein, damit sie von einer großen Auswahl an Benutzeragenten (einschließlich assistierender Techniken) interpretiert werden können.
Beispiele: Einhaltung von Webstandards (HTML, CSS), korrekte Semantik und Strukturierung von Inhalten, Kompatibilität mit verschiedenen Browsern und Assistenztechnologien (z.B. Screenreadern).
Konformitätslevel
Konformitätslevel: Die WCAG definieren drei Konformitätslevel, die den Grad der Barrierefreiheit angeben:
- Level A (niedrigster Level): Erfüllt die grundlegendsten Anforderungen an die Barrierefreiheit.
- Level AA (mittlerer, häufig angestrebter Level): Erfüllt die meisten Anforderungen und ist der häufigste Standard für Organisationen und gesetzliche Vorgaben.
- Level AAA (höchster Level): Erfüllt sehr hohe Anforderungen, die oft für bestimmte Inhalte oder spezielle Anwendungen angestrebt werden, aber nicht immer für eine komplette Website praktikabel sind.
-> Für Kirchengemeinden ist es sinnvoll, sich an Level AA der WCAG 2.2 zu orientieren, da dies einen guten Kompromiss zwischen Umsetzbarkeit und umfassender Zugänglichkeit darstellt.
Exkurs: Die Empfehlungen der Landeskirchen und Bistümer
Positionen
- EKD-Positionen: Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) setzt sich aktiv für Barrierefreiheit ein und empfiehlt für alle kirchlichen Webseiten die Einhaltung der Konformitätsstufe AA der internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Die EKD informiert auf ihren Seiten umfassend über digitale Barrierefreiheit und verweist auf das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das ab 28. Juni 2025 für viele digitale Angebote bindend wird. Zwar sind kleinere Kirchengemeinden unter bestimmten Bedingungen ausgenommen, aber Landeskirchen und größere kirchliche Einrichtungen unterliegen den Vorgaben
- Landeskirchliche Regelungen: Die Umsetzung der Barrierefreiheit wird oft von den einzelnen Landeskirchen geregelt. Diese orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben (z.B. Behindertengleichstellungsgesetz, BITV) und haben teilweise eigene Leitfäden oder Empfehlungen veröffentlicht. Die EKD bietet zentrale Informationen, aber viele Landeskirchen haben zusätzlich eigene Handreichungen und Checklisten, insbesondere für digitale Angebote und bauliche Maßnahmen (mehr dazu siehe im Punkt: Links)
- Katholische Kirche (Bistümer)
- Bistum Trier: Das Bistum Trier hat spezielle Seiten und Informationen zur Barrierefreiheit veröffentlicht, die sowohl bauliche als auch digitale Aspekte abdecken. Es wird betont, dass Barrierefreiheit weit über bauliche Maßnahmen hinausgeht und beispielsweise auch die Gestaltung von Internetseiten umfasst.
- Bistum Trier: Das Bistum Trier hat spezielle Seiten und Informationen zur Barrierefreiheit veröffentlicht, die sowohl bauliche als auch digitale Aspekte abdecken. Es wird betont, dass Barrierefreiheit weit über bauliche Maßnahmen hinausgeht und beispielsweise auch die Gestaltung von Internetseiten umfasst.
kirchliche Links rund um das Thema digitale Inklusion
- Die EKD Microsite zum Thema „Barrierefreiheit von Webseiten„
- Die EKD Leitpläne zur Inklusion
- Kirchliche Grundlagentexte zum Thema Inklusion – zusammengestellt vom Dachverband der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge
- FAQs zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Was bedeutet es für kirchliche Websites? von der EKHN
- Die Seite des Bistums Trier zur Barrierefreiheit auf Internetseiten
4. Was gehört alles zu einer barrierefreien Website?
Barrierefreiheit ist mehr als große Schrift und kontrastreiche Farben. Sie betrifft das gesamte Nutzererlebnis – von der Struktur über die Navigation bis hin zur Technik. Dabei geht es vor allem darum, dass alle Menschen unabhängig von ihren körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten Inhalte finden, verstehen und nutzen können.
Zu den zentralen Bereichen einer barrierefreien Website gehören:
1. Klare, nachvollziehbare Struktur
Eine barrierefreie Website ist logisch aufgebaut. Das beginnt mit einer sinnvollen Gliederung über Überschriften (H1–H6), geht über eine intuitive Menüführung und endet bei verständlich benannten Links und Buttons. Nutzer:innen sollten sich leicht orientieren können – egal, ob mit Maus, Tastatur oder Screenreader.
2. Gut lesbare Inhalte
Barrierefreiheit heißt auch: verständliche Sprache. Fachbegriffe, verschachtelte Sätze oder veraltete Formulierungen erschweren den Zugang.
Eine Faustformel: Einfache Sprache ist nicht immer nötig, aber klare Sprache ist essenziell.
Auch die Schriftgröße sollte anpassbar sein und genügend Kontrast zur Hintergrundfarbe haben.
Wichtig ist auch Schrift & Zeilenlänge Anwenderfreundlich zu gestalten: Nutzen Sie gut lesbare Schriftarten, angemessene Schriftgrößen und optimale Zeilenlängen (max. 10-12 Wörter pro Zeile) für bessere Lesbarkeit für alle.
3. Alternative Zugänge zu Inhalten
Bilder brauchen Alternativtexte – das ist eigentlich in jedem gängigen CMS seit gut einem Jahrzehnt problemlos umsetzbar.
Videos benötigen Untertitel oder Transkripte.
Audio-Angebote sollten ergänzt werden durch visuelle Informationen. Damit Inhalte von allen wahrgenommen werden können – unabhängig davon, wie jemand Informationen aufnimmt.
Auch statt PDF-Dokumente lieber auf html-Alternativen zu setzen ist ein oft übersehener Punkt.
4. Bedienbarkeit ohne Maus
Nicht alle Menschen können eine Maus nutzen. Deshalb muss jede Funktion auch über die Tastatur erreichbar sein. Dazu gehört: fokussierbare Elemente, logische Reihenfolgen, sichtbare Tastatur-Fokusse und ein überspringbares Menü (Skip-Link) für Screenreader-Nutzer:innen. (Mehr dazu finden Sie in der Sektion „Tools“ am Ende dieses Artikels)
5. Technische Standards und saubere Umsetzung
Die Einhaltung technischer Barrierefreiheitsstandards (z. B. WCAG 2.1, HTML5-Validität, semantisches Markup) ist entscheidend. Viele Probleme entstehen nicht durch das Design, sondern durch unsauberen Code oder schwergewichtige Templates. Eine barrierefreie Website ist sauber programmiert – nicht überladen.
6. Formularfelder und interaktive Elemente
Kontaktformulare, Spendenbuttons oder Veranstaltungskalender: Sie alle müssen ebenfalls barrierefrei gestaltet sein. Das heißt u. a.: beschriftete Felder, verständliche Fehlermeldungen, keine Zeitlimits ohne Warnung – und logische Tab-Reihenfolge.
7. Mobile Optimierung
Barrierefreiheit endet nicht am Desktop. Gerade für Menschen mit motorischen Einschränkungen ist eine gute mobile Darstellung entscheidend. Die Seite sollte auch auf kleinen Bildschirmen nutzbar und übersichtlich sein – ohne Zoomen oder Scroll-Orgien.
Besonderheit: Webseiten-Baukästen / CMS-Systeme der Kirchen
Viele Landeskirchen oder Bistümer stellen zentrale CMS-Systeme (z.B. auf Basis von WordPress oder OpenCMS) oder Baukästen zur Verfügung. Diese bieten oft bereits eine gute technische Basis für Barrierefreiheit. Häufig liegt es hier eher an den Verantwortlichen der Gemeinden, die Inhalte (Texte, Bilder) barrierefrei zu pflegen.
5. Gemeinde-Website barrierefrei machen: Wie geht man konkret vor?
Barrierefreiheit entsteht nicht zufällig. Sie muss geplant, umgesetzt und regelmäßig überprüft werden. Für Kirchengemeinden ist das auch mit begrenzten Ressourcen machbar – wenn man systematisch vorgeht.
Und hier ist eine hilfreiche Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. Bestandsaufnahme machen
Am Anfang steht die Frage: Wie barrierefrei ist unsere Seite eigentlich jetzt schon?
Nutzen Sie kostenlose Tools wie den WAVE Accessibility Checker, Google Lighthouse oder den Barrierefreiheits-Check der Aktion Mensch. Diese zeigen erste Schwachstellen – von fehlenden Alternativtexten bis zu problematischen Farbkontrasten.
2. Nutzerperspektiven einnehmen
Barrierefreiheit lässt sich nicht nur technisch messen – sondern vor allem erleben. Sprechen Sie mit Menschen aus Ihrer Gemeinde: Ältere, Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung, Eltern mit kleinen Kindern. Wo hakt es? Welche Inhalte sind schwer zugänglich? Welche Funktionen werden vermisst?
3. Prioritäten setzen
Nicht alles muss sofort perfekt sein. Starten Sie mit dem, was die größte Wirkung hat – zum Beispiel:
- verständliche Sprache auf Start- und Kontaktseite,
- kontrastreiche Farben und gut lesbare Schriftgrößen,
- beschriftete Bilder und Buttons,
- mobile Nutzbarkeit.
4. Inhalte überarbeiten
Texte, Bilder, Videos: Alle Inhalte sollten überprüft und angepasst werden. Dabei gilt: Was nicht zugänglich ist, wirkt nicht. Achten Sie auf:
- klare Sprache mit sinnvollen Zwischenüberschriften,
- Alternativtexte für Bilder (kurz, präzise, beschreibend),
- strukturierte PDFs (keine eingescannten Bilder von Text!),
- Videos mit Untertiteln oder Transkript.
5. Technik optimieren
Viele Websites basieren auf fertigen Templates oder CMS wie WordPress. Hier lohnt sich der Blick: Ist das Theme barrierefrei entwickelt? Werden Überschriften korrekt ausgezeichnet? Gibt es barrierefreie Navigationshilfen? Wenn nicht: wechseln oder überarbeiten.
6. Feedback und Tests einholen
Lassen Sie Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen Ihre Seite testen – oder simulieren Sie den Zugang selbst (z. B. nur mit Tastatur, mit Screenreader, bei starkem Zoom). Oft zeigt sich dabei schnell, was nicht funktioniert. Ergänzend kann auch ein professionelles Audit sinnvoll sein.
7. Fortlaufend pflegen
Barrierefreiheit ist kein einmaliges Projekt, sondern ein dauerhafter Anspruch. Neue Inhalte, Funktionen oder Änderungen sollten regelmäßig geprüft werden. Halten Sie deshalb klare Regeln und Zuständigkeiten fest – z. B. über ein Redaktionshandbuch oder eine Checkliste für neue Beiträge.
Die Aktion Mensch hat einen guten Ansatz: „Barrierefreiheit ist nie fertig“. Bedenken Sie also, dass Schulung / Sensibilisierung von Redaktions- oder Webteam immer wieder auf der Agenda stehen sollten. Und wiederholen Sie vielleicht einmal im Jahr die Zugänglichkeitstests.
Die typische Gretchenfrage: Und was kostet das?
Die gute Nachricht zuerst: Viele der wichtigsten Schritte zur Barrierefreiheit kosten keinen Cent extra! Das Hinzufügen von Alt-Texten zu Bildern, das Schreiben in einfacher Sprache oder die bewusste Wahl guter Farbkontraste – all das ist vor allem eine Frage der Achtsamkeit und der Arbeitsweise, nicht des Budgets.
Gerade bei Leichter Sprache kann ChatGPT Dienste leisten, die noch vor kurzem viel Geld gekostet hätten!
Das größtes Investment ist hier eher Zeit und euer Engagement.
Klar, wenn größere technische Umstellungen notdenwig sein sollten oder spezielle Software gebraucht wird, können Kosten entstehen. Aber am besten fängt man mit den Dingen an, die man sofort und ohne große Ausgaben umsetzen kann.
CHECKLISTE
Hier eine Liste an Fragen, die Ihnen direkt helfen, Ihren Gemeinde Website barrierefrei zu machen
Texte & Inhalte
- Klare, verständliche Sprache ohne Fachjargon
- Zwischenüberschriften und Listen zur Strukturierung
- Bilder mit Alternativtext (ALT-Text) versehen
- Videos mit Untertiteln oder Transkript
- Keine PDFs, die nur aus gescannten Bildern bestehen
Design & Darstellung
- Ausreichender Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund
- Schriftgröße mindestens 16px, flexibel skalierbar
- Keine rein farbliche Informationsvermittlung (z. B. „grün heißt okay“)
- Responsives Design – auf Smartphone und Tablet gut nutzbar
- Keine automatisch ablaufenden Inhalte oder Animationen
Technik & Navigation
- Sinnvolle Seitenstruktur mit korrekt ausgezeichneten Überschriften (H1–H3)
- Alle Funktionen per Tastatur bedienbar
- Fokus-Indikatoren sichtbar (z. B. bei Tab-Navigation)
- Formulare mit beschrifteten Feldern und Fehlermeldungen
- Navigationsmenüs sind klar, übersichtlich und konsistent
Extras & Nutzerfreundlichkeit
- Leichte Sprache auf zentralen Seiten (z. B. Start, Kontakt, Gottesdienstzeiten)
- Barrierefreiheitshinweis/Statement auf der Seite
- Möglichkeit für Feedback oder Kontakt bei Barrieren
- Regelmäßige Überprüfung der Barrierefreiheit mit Tools
- Zuständigkeit im Team festgelegt
6. Tools & Links
Farbkontrast
Wir haben extra für diesen Guide einen Farb Kontrast-Checker programmiert, den Sie nutzen können, um „Ihre“ Farben auf Barrierefreiheit zu prüfen und ggf. barrierefreie Alternativen zur Verwendung im Web zu nutzen.
Farb-Kontrast-Checker
Überprüfen Sie die Zugänglichkeit Ihrer Farbpalette für verschiedene Sehbeeinträchtigungen und WCAG-Konformität.
Farbauswahl
Passende Farben vorschlagen gemäß Farbenlehre:
Text auf Hintergrund
Dies ist ein Beispieltext zur Überprüfung des Kontrasts zwischen Text und Hintergrund. Ein guter Kontrast ist wichtig für die Lesbarkeit.
Text auf Element
Sehbeeinträchtigungen-Simulation
Normal
Deuteranopie
Protanopie
Tritanopie
Zugängliche Alternativen
Textfarbe-Alternativen
Hintergrundfarbe-Alternativen
Elementfarbe-Alternativen
Screenreader-tauglich
Testen Sie Ihre Gemeindewebsite, ob diese auch ohne Maus bedienbar wäre.
Wie?
Google Talk Back für Android: https://support.google.com/accessibility/
Apple VoiceOver für iOS: https://support.apple.com/de-de/HT211899
Links
Übersetzung der Web Content Accessibility Guidelines
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) ist eine Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites. Hier finden Sie die deutsche Übersetzung der Richtlinie.
Bundesfachstelle Barrierefreiheit
Auf der Homepage der Bundesfachstelle Barrierefreiheit finden Sie aktuelle Informationen, Fachwissen und interessante Veröffentlichungen rund um das Thema Barrierefreiheit.
Portal der Bundesregierung zur digitalen Barrierefreiheit
Auch auf der Informationsseite der Bundesregierung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz finden Sie nützliche Informationen rund um Anforderungen an die IT sowie Umsetzungsempfehlungen.
Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik
Hier finden Sie Handreichungen und praktische Publikationen zur Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit für Umsetzer:innen und Entscheider:innen.
Übersicht der Norm der digitalen Barrierefreiheit
Im geschützten Bereich der BFIT-Bund steht bei berechtigtem Interesse die zentrale Norm der digitalen Barrierefreiheit EN 301 549 auf Deutsch zur Verfügung.
IAAP (International Association of Accessibility Professionals)
Die ist ein Fachverband für professionelle Barrierefreiheits-Dienstleister. Auf der Website und im Newsletter finden sich viele hilfreiche News zum Thema.
Haben Sie Fragen rund um das Thema „Gemeinde-Homepage barrierefrei machen“? Stellen Sie diese gerne in den Kommentaren – und die Ergebnisse werden in den Artikel eingepflegt!