Ein persönliches Plädoyer für durchgehend verständliche Kommunikation

Unter den Top5 Luther-Zitaten dürfte folgendes Bonmot einen vorderen Platz belegen: „dem Volk auf’s Maul schauen“. Und das schon lange vor dem Lutherjahr. Gerne wird diese Formulierung als Gütezeichen für Predigten oder Schreiben verwendet – kaum aber, um das eigene Kommunikations-Verhalten zu untersuchen. Warum eigentlich?

„Verstehst du, was du liest?“

Klar – bei Bibelübersetzungen ist die Diskussion allgegenwärtig. Wie kommunikativ darf der Text geraten? Vergreift sich die Volxbibel im Ton? Und welcher Ton ist für heilige Texte angemessen?

Die Sonntagspredigt soll auch die Kirchgänger erreichen. Und dem Gemeinde- bzw. Pfarrbrief wünscht man auch inhaltlich eine gute Reichweite. Doch warum hört der Wunsch nach effektiver Kommunikation bei der Rede über sich selbst auf?

An dieser Stelle soll es nicht so weit gehen, wie Erik Flügge es in seinem Buch „Die Kirche verreckt an Ihrer Sprache“ gedacht hat. Ein „Jargon der Betroffenheit“ soll hier nicht untersucht werden, sondern erst einmal, wie die Kirche von sich selbst redet. Und vor allem, warum Sie so gerne Vokabeln benutzt, die anderen kaum noch geläufig sind.

Ein Phänomen, das wir zum Beispiel in unserem Agenturalltag öfters feststellen können.  Und das uns zu ersten Maßnahmen treibt, um nicht unbeholfen in konfessionelle Fettnäpfchen zu stapfen.
Als ökumenisch besetztes Start-Up, das seine Dienste primär Kirchen und sozialen Einrichtungen anbietet, sind wir nämlich mittlerweile soweit gegangen, ein Dokument mit den korrekten Anreden bei kirchlichen Ämtern anzulegen. Denn selbst für uns Gründer, die wir Theologen sind, ist der Wust an Bezeichnungen auf der anderen Seite des konfessionellen Zauns manchmal schwer zu durchschauen.

Als Protestant muss ich persönlich jedes Mal googeln, was ein Monsignore oder ein Domprobst bezeichnet. Ich habe zugegebener Maßen auch Schwierigkeiten zu erklären, was evangelischerseits ein Prälat oder ein Scribus ist. Und ich müsste googeln, ob es in beiden Großkirchen die Bezeichnung Dekan gibt. Und das mit einem Master-Abschluss in Theologie!

Zugegeben: es gibt wichtigere Themen in der kirchlichen Kommunikation! Aber ich für meinen Teil erwische mich schon gelegentlich bei einem Stirnrunzeln, wenn auf einer Kirchen-Veranstaltung ein Amtstitel den nächsten jagt – und mich, als jemanden, der diesen nicht allen mächtig ist, ratlos alleine zurücklässt. Wenn die Titel-Fülle schon einem studierten Theologen Probleme bereitet, warum sollten dann auch dem Kirchenvolk Fragezeichen mitgegeben werden?

Eine einfache Faustformel für gelingende Kommunikation

Um Inhalte erfolgreich zu vermitteln sollten:

Gerade jedes Fragezeichen hat eine elementare Bedeutung, weil die zuhörende Person im ungünstigen Fall dort verloren wird. Sei es, weil sie über die Bedeutung nachdenkt (und so nicht mehr weiter folgt) oder sich nicht ernstgenommen fühlt. Fragezeichen können also im Kommunikations-Geschehen eine fatale Wirkung haben. Und sollten genau deshalb vermieden werden!

Was der Sinn der Anreden und Titel ist

Weshalb greifen Kirchen also so häufig in ihrer Kommunikation auf die Anreden und Titel zurück? Natürlich liegt dies einerseits in ihrem geschichtlichen Erbe und hierarchischem Aufbau begründet. Und wie üblich, verändert sich die Gesellschaft schneller als es die Kirchen tun. In unserer modernen Gesellschaft sind Hierarchien schlechter bewertet und Titel fast völlig egal geworden. Welche/r Gymnasiallehrer/in wird noch mit Studienrat oder Studienrätin angesprochen? Und in ganz wenigen Fällen ist dies für die Betroffenen selbst wichtig. Nämlich wenn es um Ihre Stelle oder Entgeldtabellen geht.

Titel sind zu funktionalen Begriffen geworden, die nur noch in Ihrem unmittelbaren, internen Einsatzgebiet Sinn ergeben. Sie sind so etwas wie Fach-Vokabeln, die nur die Menschen verstehen, die ebenfalls diese Vokabeln gepaukt haben.

Ein Beispiel:

Ob eine Novizin schon die ewige Profess abgelegt hat, ist vor allem für die anderen Schwestern, die  Oberin bzw. Priorin und Äbtissin wichtig. Nicht jedoch für eine zufällige Passantin, die an der Ordenstracht lediglich die klösterliche Verbindung erkennen kann. Wie sich die Habit noch verändern würde, ist auch nicht von großer Bedeutung außerhalb der Ordensgemeinschaft. Ein kommunikativer Gewinn ist durch die treffende und genaue Verwendung der richtigen Vokabel nicht gegeben, auch wenn die Novizin streng genommen noch keine Nonne oder Diakonisse sein sollte.

Deswegen eine einfache Regel für die kirchliche Kommunikation:

Interne Titel sollten so gut es geht intern verwendet werden!

 

Welche Titel Sie gerne benutzen können. Und welche lieber doch nicht.

Natürlich liegt es in Ihrem eigenen Ermessen, welche Titel und Ansprachen Sie weiterhin verwenden wollen. Aber bedenken Sie, dass Sie damit womöglich Fragezeichen aufbauen, die Ihrer Botschaft im Weg stehen und so verhindern, dass ankommt, was Sie sagen wollen. Natürlich gibt es manchmal auch formale Sachzwänge (z.B. Grußworte), die es aus Etikette verlangen, die korrekte Ansprache zu verwenden.

Wo der Anlass jedoch nicht so förmlich ist, werden Sie mit einigem Nachdenken bestimmt entweder auf Abkürzungen kommen („unser Bruder“ oder „unsere Schwester“) oder einfach den Begriff danach erläutern. Dann fühlen sich nämlich die Kirchenbänkler, denen die Vokabel nicht geläufig ist, ernst genommen. Im Zweifel also lieber zwei Sätze mehr machen, als einen Zuhörer oder Leser zu verlieren!

Ansonsten hier eine Liste an Vorschlägen, welche Begriffe sich für die Kommunikation eigenen.

 

Ohne Bedenken zu gebrauchen:

Pfarrer/in oder Pastor/in sind gängige Begriffe, die genauso wie Priester ohne große Probleme verwenden können. Ebenso wie Bischof, Papst und Kardinal.

Eine/n Küster/in werden viele Menschen noch verstehen, ebenso vielleicht eine/n Kantor/in.
KirchenmusikdirektorIn ist sehr verständlich – aber warum sollte man das verwenden? Das ist wie Oberstudienrat…

Umschreiben oder Erläutern:

 


Bildquelle: Rita Morais bei Unsplash

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert