Landauf, landab wird Kommunikation zunehmend datengetrieben.
Auch wenn sie es meistens nicht so ausdrücken würden – auch bei Gemeinden wird auf die Zahlen geschielt:
- Wie viele Menschen haben den Post gesehen?
- Wie viele den Newsletter geöffnet?
- Wie oft wird die Homepage besucht?
Das ist erst mal gut – aber nur eine Seite der Medaille.
Denn Reichweite ist nicht gleich Wirkung.
Besonders nicht in unserer heutigen Zeit.
Wahrgenommen zu werden, heißt noch lange nicht: verstanden zu werden.
Und verstanden zu werden, heißt noch nicht: etwas auszulösen.
Warum Reichweite nicht falsch ist – nur unvollständig.
Natürlich: Wer viele Menschen erreicht, hat auch mehr Chancen auf Resonanz.
Das ist das Prinzip des Zahlenspiels – je größer die Streuung, desto höher die absolute Reaktion.
Doch in der Kirche geht es nicht um Streuverluste, sondern um Wirkung. Eine Botschaft, die versickert, hilft keinem.
Man kann es vielleicht mit einer einfachen Formel sichtbar machen:
Reichweite x Resonanz = Wirkung
Oder anders gesagt:
Es bringt wenig, viele Menschen zu erreichen – wenn keiner sich wirklich angesprochen fühlt.
Besser ist es hingegen, mit wenig Reichweite viel Resonanz zu erzeugen.
Und die Resonanz zu erhöhen ist deutlich einfacher, als die Reichweite. Um 50 Reaktionen zu erzielen (bei angenommenen 1.000 Kontakten x 2.5 Reaktionen) kann ich entweder meine Reichweite um 1.000 Empfänger:innen erhöhen – oder die Wirkung einfach von 2,5% auf 5% bewegen.
Die Frage ist also nicht nur: Wie viele sehen das?
Sondern: Was löst es aus bei denen, die es sehen?
Was ist Resonanz überhaupt?
Der Soziologe Hartmut Rosa beschreibt Resonanz als einen Moment echter Beziehung.
Etwas berührt mich – und ich reagiere darauf. Es entsteht ein Rückbezug, ein Echo.
Man könnte auch sagen: Etwas in mir beginnt mitzuschwingen.
Im kirchlichen Kontext heißt das:
Menschen fühlen sich gemeint. Sie reagieren. Sie kommen ins Gespräch.
Resonanz ist nicht laut. Aber sie ist tief.
Sie ist keine Zahl – sie ist eine Beziehung.
Warum Kirche Resonanz braucht
Die Zeiten, in denen Mitgliedschaft automatisch Zugehörigkeit bedeutete, sind vorbei.
Viele Menschen haben Berührungspunkte mit Kirche – aber keine innere Verbindung.
Sie erleben bestenfalls Angebote – aber nicht sich selbst als Adressat:innen.
Kirche verliert nicht an Relevanz, weil sie weniger Inhalte hat.
Sondern weil sie nicht mehr verbindet – mit Leben, Alltag, Sprache, Emotion.
KNOW HOW
Was berührt, bleibt hängen
Studien aus der Marken- und Medienpsychologie zeigen:
Wir erinnern uns nicht an das, was wir nur sehen.
Sondern an das, was uns emotional bewegt. Was in uns etwas zum Schwingen bringt.
Die Hirnforschung weiß längst: Entscheidungen werden emotional gefällt und rational begründet.
Das gilt auch für kirchliche Kommunikation.
Oder anders gesagt:
Menschen entscheiden mit dem Gefühl – nicht mit dem Kalender.
Darum gilt:
Nicht der Termin überzeugt. Sondern die Frage:
Warum sollte ich dafür meine Zeit hergeben?
Wer Resonanz will, muss Menschen innerlich treffen. Nicht zufällig. Sondern gezielt.
Drei Ansatzpunkte für mehr Resonanz
1. Verstehen, für wen kommuniziert wird
Nicht jede Zielgruppe ist „die Gemeinde“.
Eine Frau mit zwei Kleinkindern, ein alleinerziehender Vater, eine ältere Witwe: Sie alle brauchen andere Worte, andere Formate, andere Wege.
Je konkreter die Vorstellung der Zielgruppe, desto besser (sprich: treffsicherer) die Kommunikation.
2. Sprache wählen, die andockt
Eine alte Weisheit aus der Kommunikation heißt: Wenn es Sie nicht trifft, ist es keine Schlagzeile.
„Herzliche Einladung zur Agapefeier mit geistlichem Rahmen“ ist deshalb kein Satz, der Menschen erreicht.
„Ein offener Abend mit Musik, Brot und Gesprächen über das Leben“ vielleicht schon.
Sprache ist Schlüssel und Barriere zugleich. Nutzen wir sie weise.
3. Antwort ermöglichen
Wer nur sendet, wird ignoriert.
Wer Begegnung ermöglicht, wird gehört.
Gute Kommunikation bietet Rückkanäle – Kommentare, Fragen, Beteiligung.
Und sie ist offen für Antwort – auch wenn sie ungeplant kommt.
CHECKLISTE
Hier eine Liste an Fragen, die Ihnen direkt helfen, Ihren Text auf mehr Resonanz zu trimmen:
- Ist klar, wer genau angesprochen wird?
- Was wünscht sich diese Person von uns? Wofür interessiert sie sich?
- Versteht jemand ohne kirchliche Vorerfahrung den Text?
- Bietet das Kommunikationsmittel eine Möglichkeit zur Reaktion?
- Hand auf’s Herz: Löst der Text eher Interesse oder Gleichgültigkeit aus?
- Habe ich mehr gesendet – oder auch eine Einladung zur Antwort gegeben?
→ Wenn zwei oder mehr Punkte ins Wanken geraten: Text überarbeiten.
Fazit: Kirche muss nicht lauter werden – sondern hörbarer.
Relevanz entsteht nicht durch mehr Posts, mehr Plakate, mehr Kampagnen.
Sondern durch Kommunikation, die wirklich meint. Die verbindet. Die Raum lässt.
Wirkung = Reichweite × Resonanz.
Und Resonanz beginnt mit einer einfachen Frage:
Was soll diese Botschaft in meinem Gegenüber auslösen?
Was danach folgt, ist Handwerk: Die Wirkung und Wirkungsfaktoren sichtbar machen, das Relevante aus dem Wust an Informationen herausschälen und schön präsentieren.
Sie möchten mehr Resonanz in Ihrer Gemeinde?
Dann starten Sie mit einem ehrlichen Blick: Was kommt wirklich an?
Und wenn Sie mögen – schreiben Sie mir.
Herzlich,
Tim Allgaier