Über die digitale Kirche kann man nachsinnen – oder man kann sie umsetzen.
Bisher prägen überwiegend vor allem theoretische oder theologischen Beiträge die Diskussion.
Doch:
Forderungen und Reflektionen allein machen noch keinen Wandel!
Die digitale Kirche wird nicht davon geprägt werden, was der Corpus Paulinum zu Gemeinschaft hergibt, noch welche ekklesiologischen Lager ihr Banner nun auch in den Farben des Digitals streichen.
Die digitale Kirche wird dadurch geprägt werden, wie Sie umgesetzt wird.
Und wo.
Einen Beitrag zu einer möglichst erfolgreichen Umsetzung, möchten wir Ihnen hier liefern.
Indem wir das für die Kirche durchdenken, was andere für viel Geld untersuchen lassen haben.
Denn dieses Praxiswissen kann Praktikern in der Gemeinde viele Lernerfahrungen abnehmen und erste Erfolge bestärken.
Wer weiß, welcher Weg wahrscheinlicher zum Ziel führt, kommt auch wahrscheinlicher dort an.
Deshalb werden wir uns nun mit mehreren Punkten beschäftigen:
Was macht die digitale Kirche aus?
Wo sind die Menschen bereits aktiv?
Wie kann man das nutzen?
Digitale Kirche – was ist das?
Zuerst einmal ist die digitale Kirche eine Reaktion auf einen Artikel von Hannes Leitlein – sowie die nachfolgende Diskussion.
(Eine Übersicht, über den Diskussionstand während des vorläufigen Höhepunkts finden Sie in diesem Artikel. evangelisch.de hat mittlerweile eine sehr selektive Auflistung vereinzelter Beiträge angefertigt, die zwar thematische Lücken haben mag, dafür aktueller ist.)
Dann ist die digitale Kirche auch eine Art Projektion einer digitalisierten Kirche. Wie bei vielen Projektionen ist es hier spannend, den Projizierenden selber in seinem Entwurf wahrzunehmen. Mal wirkt da die digitale Kirche wie ein Sammelbecken aller zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (nur durchdekliniert für Kirchen) – mal wirkt sie wie die Social-Media-Verlängerung der Ortsgemeinde.
Leider wird aber manchmal die Digitalisierung auch nur auf die sozialen Netzwerke reduziert, was ungefähr so stimmig ist, wie in Amazon den Facebook-Account von Karstadt zu sehen.
Deswegen stammt die beste Einordnung, die der Verfasser bisher wahrgenommen hat, von einer eher pragmatischen Stimme (Ingo Dachwitz):
- Kirche im Digitalen
- das Digitale in der Kirche.
Die digitale Kirche ist eine Kirche, die in ihren Strukturen ebenso die Digitalisierung merken (bspw. “Disruption der Verwaltung”), wie auch selber als Kommunikator in der digitalen Welt auftreten wird.
Und gerade für letzteres gibt es viel Hilfestellung von außen.
Digitale Kontaktfläche – hingehen, wo die Menschen sind
Die Stadt auf dem Berg, die Verkündigung von der Dachzinne, oder an Hecken und Zäunen – in der Bibel wimmelt es von Illustrationen für eine öffentliche Kommunikation.
Uns als Agentur telos communication prägt ein Satz: Kommunikation ist, was ankommt.
Es nützt nichts, gute Inhalte so zu kommunizieren, dass sie nicht oder kaum wahrgenommen werden. Eine Kirche, die nur zu einer Minderheit kommuniziert, wird auch nur für diese relevant sein. Das ändert sich auch nicht, wenn nun digital mit dieser Minderheit kommuniziert wird.
Ein Pfarrer erzählte mir einmal, dass in Amtskreisen gelegentlich diskutiert werde, dass man ja 95% seines Einsatzes für die 5% aufbringe, die man eh erreiche. Ein Verhältnis, das man sich nicht für die digitale Kirche wünscht!
Da auch die Kirchsteuern kein unerschöpflicher Topf sind, sollte die digitale Kirche also “vom Volk” her gedacht werden, um einigermaßen erfolgreich sein zu können. Dort, wo die Kontaktfläche hoch ist, kann man mit seinen begrenzten Ressourcen mehr bewirken, als würde man den gleichen Aufwand für wenige Menschen verteilen. Das ist, als würde sich ein Café mitten im Gewerbegebiet wundern, warum sonntags weniger Laufkundschaft vorbei kommt als beim Café am Park.
Und genau hier kommen nun die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ins Spiel. Diese haben nämlich in einer groß angelegten Onlinestudie das digitale Verhalten der Menschen genauer beleuchtet.
Wie und wo Menschen online sind
Eine erste Erkenntnis: neun von zehn Deutschen sind online.
Die zweite gute Nachricht: knapp über drei Stunden ist der durchschnittliche Deutsche am Tag online.
Viel digitale Begegnungsfläche eigentlich, oder?
Nicht ganz, denn der Wettbewerb ist hoch!
Laut der Onlinestudie verbringen Menschen zurzeit 189 Minuten im Internet. Davon konsumieren Sie knapp 45 Minuten Medien via Mediatheken oder Streaming-Portalen. Das hieße, einer digitale Kirche verblieben ca. 2,5 Stunden mögliche Kontaktfläche täglich, wenn Sie selbst nicht Medien (Videos oder Podcasts) produziert.
Wie teilen sich diese Stunden weiter auf?
Zuerst einmal in individuelle Kommunikation: Emails privat wie auf der Arbeit, Messenger sowie Chats.Insgesamt wird hierfür eine weitere Stunde verbraucht. Nutzt die digitale Kirche keine Online-Direkt-Kommunikation, verbleiben ihr knapp 70 Minuten.
Doch Erledigungen sowie kleinere Spielchen rauben auch hier noch einmal 30 Minuten.
Und von den knapp 40 verbleibenden Minuten werden lediglich neun Minuten absichtslos gesurft, 30 Minuten zielgerichtet informiert. (Wie hier die analoge Kirche hilft, erläutern wir nächste Woche in einem Beitrag).
Hier einmal die genaue Übersicht:
Wie Menschen soziale Netzwerke nutzen
Um auch den gerne für die #digitaleKirche zitierten sozialen Medien gerecht zu werden, hier eine Auflistung des Nutzungsverhaltens:
Was bedeutet das für die #digitaleKirche?
Möchte eine digitale Kirche Gehör finden und Relevanz entwickeln, muss sie es den Menschen leicht machen, wahrgenommen zu werden. Dies gelingt ihr am einfachsten, wenn sie sich nicht versteckt, sondern wie die Stadt auf dem Berg weithin sichtbar ist.
Wie erreicht sie das? In dem sie zielgerichtet die Medien und Interaktionskanäle wählt, die auch “das Volk” bevorzugt.
Digitale Kirche muss nicht von allem Gebrauch machen, sondern von dem, das sich durchgesetzt und verbreitet hat!
Das bedeutet aber auch: sich nicht in Nischen zu verstecken! Eine Kirche, die via Facebook kommuniziert, erreicht 33% der Menschen. Eine Kirche, die auf Twitter setzt 3%. Warum hier also absichtlich einen Flaschenhals einziehen?
Deswegen ist Social Media auch nicht mit der Digitalisierung der Kirche gleichzusetzen, auch wenn dies viele gerne so verkürzen.
Noch eindrücklicher stellt dies der Deutsche Marketing Verband in einem Papier dar:
Kanäle nutzen, die auch zu etwas führen
Der letzte Screenshot macht deutlich: Social Media ist nur der bevorzugte Interaktionskanal einer jungen Minderheit. Warum sollte sich also digitale Kirche darauf beschränken?
Deutlich höhere Werte erzielt das Internet (Homepages…) als auch Messaging (die gute alte E‑Mail).
Die Nutzung von E‑Mail-Newslettern sowie einer guten Homepage dürfte mehr Mitglieder erreichen als der engagierteste Snapchat-Account.
(Ähnliche Gedanken hat sich auch einmal Christoph Breit, Onliner der ELKB, gemacht der in verschiedene “Ausstattungs”-Stufen von digitaler Kirche unterscheidet: S M L XL.)
Welche Kanäle sind also vielversprechend?
Fazit: Digitale Kirche – am besten hier!
Digitale Kirche sollte zuerst einmal dort stattfinden, wo die Menschen sind.
Das bedeutet:
- zuerst via Homepages
- dann in Emails
- dann WhatsApp
- Facebook.
Gute Beispiele dafür, wie man diese Kanäle sinnvoll bespielt, gibt es bereits vereinzelt. Zum Beispiel die Fastenimpulse via WhatsApp. Mit ein wenig Kreativ-Power kann man dies auch vor Ort für seine eigene Gemeinde anwenden.
Danach kann man sich dann eventuell weiteren Kanälen zuwenden, wenn die Ressourcen es hergeben.
Nachschlag: eine Digital-Only-Kirche
Wie digitale Kirche auch aussehen kann, kann man im beschaulichen Rheintal sehen.
In Bingen gibt es eine (Frei)Kirche, die quasi nur online denkt.
Kirche für jedermann. Jederzeit.
GIVICI. Global Video Church.
Nächste Woche hier:
Analoge Abhängigkeit – was die digitale Reformation bedenken muss
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Wir helfen Ihnen gerne auf dem Weg zur erfolgreicher Online-Kommunikation! Das erste Beratungs-Gespräch ist sogar kostenlos! Schauen Sie sich doch mal auf unserer Seite um.
Dieser Beitrag wurde Ihnen präsentiert von der Werteagentur telos communication. Das Start-Up für gemeinnützige Kommunikation unterstützt besonders bevorzugt Kirchengemeinden auf dem Weg zu einer erfolgreicheren Kommunikation – getreu dem Leitspruch Gutes besser kommunizieren. Beide Gründer studierten vor Ihrem Wechsel in die Kommunikationsbranche selbst erfolgreich Theologie und kennen die kirchliche Kommunikation somit sowohl aus der Theorie als auch Praxis. Mehr erfahren Sie unter www.telos-communication.de oder HIER auf diesem Blog.
Photo by timothy muza on Unsplash
Eine Antwort
Guter, differenzierter Artikel! Vielen Dank. Die mobile Nutzung sollte man auf jeden Fall in Zukunft noch ins Kalkül ziehen.